Diagnose und Behandlungsmöglichkeiten bei Vitiligo

Vitiligo | Vitiligo-Wissen

Vitiligo ist eine chronische Hauterkrankung, die durch das Auftreten von depigmentierten (farblosen) Flecken auf der Haut gekennzeichnet ist. Doch wie wird die Diagnose gestellt? Und welche Behandlungsmöglichkeiten stehen zur Verfügung? Antworten auf diese und viele weitere Fragen findest du in diesem Artikel.

02.06.2024

Wie wird die Diagnose Vitiligo gestellt?

Die Diagnose beginnt mit einer ausführlichen Anamnese und einer klinischen Untersuchung durch eine Dermatologin oder einen Dermatologen. Dabei werden folgende Schritte durchgeführt:

Anamnese: Die Krankheitsgeschichte wird erfasst, einschließlich familiärer Vorerkrankungen, früherer Hauterkrankungen und spezifischer Vitiligo-Symptome.

Klinische Untersuchung: Die komplette Haut wird untersucht, um die depigmentierten Stellen gründlich nach Größe, Form, Verteilungsmuster und Symmetrie zu beurteilen. Die gewonnenen Informationen aus Anamnese und klinischer Untersuchung sind für die Therapieplanung entscheidend. 1

Fotodokumentation: Es wird empfohlen, die weißen Flecken zu fotografieren, um den Krankheitsverlauf und den Erfolg der Therapie besser bewerten zu können.1

Neben der klinischen Untersuchung stehen weitere Optionen zur Verfügung, um die Vitiligo genauer zu betrachten. Diese sind:

 

  • Untersuchung der Flecken mittels Wood-Lampe: Eine Wood-Lampe hilft dabei, die weißen Flecken mit Hilfe von UV-Licht sichtbarer zu machen. Dadurch erscheinen Vitiligo-Flecken weißlich-gelb und heben sich deutlich vom eigenen Hautton ab. Dies ist besonders hilfreich bei Menschen mit sehr heller Haut und bei der Feststellung einer möglichen Ausbreitung der Vitiligo.
  • Hautbiopsie: Meist ist eine klinische Untersuchung der Haut zur Diagnosestellung ausreichend. In manchen Fällen kann eine Hautbiopsie notwendig sein. Dabei wird eine kleine Hautprobe entnommen und unter dem Mikroskop untersucht, um das Fehlen von Melanozyten (pigmentbildenden Zellen) zu bestätigen.1
  • Blutuntersuchungen: Menschen mit Vitiligo haben ein erhöhtes Risiko für Schilddrüsenerkrankungen. Daher wird empfohlen, mindestens einmal im Jahr die entsprechenden Laborwerte für Schilddrüsenerkrankungen und Antikörper gegen körpereigene Strukturen im Blut bestimmen zu lassen, um diese Erkrankungen auszuschließen bzw. frühzeitig diagnostizieren zu können.1

Messung der Ausbreitung

Zur Einschätzung der Vitiligo-Ausbreitung wird häufig der Befall der Körperoberfläche in Prozent (Body Surface Area, BSA) berechnet.1 Die Einteilung ist nicht einheitlich, vorgeschlagen wird aber: 2

  • Limitiert: BSA = 2-3 %
  • Mild: BSA < 10 %
  • Moderat: BSA 10-30 %
  • Schwer: BSA > 30 %

Zusätzlich gibt es die Vitiligo Noticeability Scale (VNS), bei der Betroffene den Behandlungserfolg selbst einschätzen können. Dabei müssen Betroffene auf einer Skala von 1 (auffälliger) bis 5 (nicht mehr wahrnehmbar) auf die Frage „Wie auffällig ist die Vitiligo jetzt im Vergleich zu vor der Behandlung?“ antworten. 3

Behandlungsmöglichkeiten der Vitiligo

Leider gibt es bis heute wenige gut dokumentierte Medikamentenbehandlungen bei Vitiligo. Grund dafür ist, dass der Leidensdruck vieler Betroffener lange nicht wahr- bzw. ernstgenommen wurde. Die Vitiligo wurde als kosmetische Störung angesehen und nicht als schwerwiegende Erkrankung. Gerade in der Vergangenheit wurden Betroffene mit der Information verabschiedet, dass die Symptome nur kosmetisch seien und es keine Therapiemöglichkeiten gibt. Mit dem Fortschritt der Medizin und der Erkenntnis, dass die Lebensqualität von Menschen mit Vitiligo durch die Erkrankung eingeschränkt wird, hat sich die Lehrmeinung geändert. Heute wird die Erkrankung von (fast allen) medizinischen Kreisen ernstgenommen und die Forschung widmet sich sowohl den Ursachen als auch der Behandlung.

Deshalb stehen heute, obwohl es keine Heilung für Vitiligo gibt, verschiedene Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung. Ziel ist es, das Erscheinungsbild der Haut zu verbessern (Repigmentierung) bzw. die Ausbreitung der weißen Flecken zu bremsen und Rückfälle zu vermeiden. Welche Therapieform angewendet werden kann, hängt von der Art, Ausbreitung und den betroffenen Körperstellen ab.

Hinweis der „Bitte berühren“-Redaktion

Die aufgeführten Behandlungsmöglichkeiten können keine medizinische Beratung ersetzen. Sprich bei Fragen mit deiner behandelnden Dermatologin oder deinem behandelnden Dermatologen.

Topische Therapien 1

Eine äußerliche (topische) Behandlung durch Glukokortikoide (Kortison)-haltige Salben oder Cremes sind bei einer limitierten Vitiligo (Befall der Körperoberfläche < 3 %) und bei einem Befall außerhalb des Gesichts das Mittel der ersten Wahl. Im Gesicht sollte aufgrund der Nebenwirkungen Vorsicht geboten sein.

Neben den topisch angewendeten Glukokortikoiden stehen auch sogenannte Calcineurin-Inhibitoren zur Verfügung. Diese werden besonders für die Behandlung der Vitiligo im Gesicht empfohlen. Im Gegensatz zu kortisonhaltigen Präparten können sie auch langfristig eingesetzt werden, da sie grundsätzlich besser verträglich sind. Offiziell sind Calcineurin-Inhibitoren nur für die Behandlung der atopischen Dermatitis zugelassen. Die Anwendung bei Vitiligo gilt damit als „Off-Label-Use“ und es kann vorkommen, dass die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten nicht übernehmen.

Photo- und Lichttherapie 1

Eine andere, sehr wichtige Säule in der Behandlung der Vitiligo ist die Phototherapie. Es gibt verschiedene Arten, durchgesetzt hat sich aber hauptsächlich die Ganzkörpertherapie mittels Schmalband-UVB-Bestrahlung (Narrowband (NB) UVB). Bei der nicht-segmentalen Vitiligo kommt diese Therapieform infrage, wenn die Hauterscheinungen an vielen Körperstellen vorkommen (generalisierte Vitiligo) und eine Anwendung von Salben und Cremes nicht mehr sinnvoll erscheint. In bestimmten Fällen kann eine NB-UVB-Therapie mit topischen Therapien oder systemischen Kortikosteroiden kombiniert werden. Um nicht den ganzen Körper, sondern nur vereinzelt vorkommende Vitiligo-Flecken (z.B. bei der segmentalen Vitiligo) zu bestrahlen und zu repigmentieren, wird eine Lichttherapie mit dem sogenannten Excimer-Laser oder der Excimer-Lampe bei einer ganz bestimmten Wellenlänge durchgeführt.

Systemtherapie 1

Bei einer systemischen Therapie gelangt der Wirkstoff über das Blut bzw. Lymphsystem an den Wirkort im Körper. Eine sogenannte Minipuls-Therapie mit niedrigdosiertem Kortison kann bspw. bei einem schnell fortschreitenden Krankheitsverlauf genutzt werden. Allerdings sollte die Systemtherapie nie allein, sondern in Kombination mit zum Beispiel einer NB-UVB-Therapie angewendet werden.

Es werden laufend Studien mit systemischen Januskinase-Inhibitoren durchgeführt, die auf eine Wirkung bei Vitiligo hindeuten. Allerdings haben diese Therapien bisher keine offiziellen Empfehlungen für die Indikation Vitiligo.

Chirurgische Verfahren 1

Eine chirurgische Behandlung der Vitiligo sollte nur bei einer stabilen Vitiligo in Erwägung gezogen werden. Prinzipiell ist diese Behandlung bei jeder Vitiligo-Form möglich, am besten geeignet sind allerdings die segmentale und die fokale Vitiligo. Es gibt zwei Verfahren, die zur chirurgischen Repigmentierung verwendet werden können. Das ist zum einen eine Gewebetransplantation, zu der verschiedene Formen der Hauttransplantation zählen, und zum anderen eine Zelltransplantation, bei der Melanozyten transplantiert werden.

Fortschritt in der medizinischen Forschung

Dank des medizinischen Fortschritts ist inzwischen klar, wie die Vitiligo entsteht. Dieses Wissen nutzen Forscher*innen auf der ganzen Welt, um neue Behandlungsmöglichkeiten zu entwickeln, zum Beispiel mit Januskinase-Inhibitoren oder kurz JAK-Inhibitoren. Diese hemmen bzw. unterbinden die Aktivitäten von Januskinasen. Hierunter versteht man bestimmte Enzyme, die von großer Bedeutung für die Regulation wichtiger Zellfunktionen sind. Dazu gehört u.a. auch die Steuerung von Entzündungsprozessen, welche zu einer Zerstörung von Melanozyten führen können. JAK-Inhibitoren können sogar topisch angewandt werden, d.h. in Form von Cremes und Salben. Diese, kortisonfreien Medikamente können bei einem Befall von bis zu 10 % der Körperoberfläche angewendet werden. Ein frühzeitiges Gespräch mit der behandelnden Dermatologin bzw. dem behandelnden Dermatologen ist deshalb unabdingbar.

Kurz und knapp: Was du zur Diagnose und Behandlung bei Vitiligo wissen sollest

  • Die Diagnose wird hauptsächlich durch Anamnese und klinische Untersuchung gestellt. Als Hilfsmittel kann die Wood-Lampe dienen, welche mittels UV-Strahlung Vitiligo-Flecken deutlich von der restlichen Haut abgrenzt und damit sichtbarer macht.
  • Vitiligo ist nicht heilbar. Dank verschiedener Behandlungsoptionen kann aber die Ausbreitung der Erkrankung gehemmt, Rückfälle vermieden und eine Repigmentierung der Haut erzielt werden.
  • Weltweit arbeiten Forscherinnen und Forscher an der Entwicklung neuer Therapien. Zum Beispiel stehen inzwischen Januskinase-Inhibitoren zur Verfügung.
  • Manchmal kann es sinnvoll sein, die aktuelle Behandlungssituation zu hinterfragen. Zusammen mit der behandelnden Dermatologin oder dem behandelnden Dermatologen kann ein individueller Therapieplan erstellt werden, der auf die Wünsche und Ziele der bzw. des Betroffenen zugeschnitten ist.

In deiner Haut steckt niemand geringeres als du selbst und das dein ganzes Leben lang. Umso wichtiger ist es, dass du dich darin so wohl wie möglich fühlst – trotz Vitiligo. Heute gibt es gute Möglichkeiten, dies zu erreichen. Sprich mit deiner Hautärztin bzw. deinem Hautarzt!

Quellen
  • 1 S1 Leitlinie Diagnostik und Therapie der Vitiligo 2021 AWMF-Registrier-Nr. 013-093, https://register.awmf.org/assets/guidelines/013-093l_S1_Diagnostik-Therapie-Vitiligo_2021-04.pdf [letzter Aufruf 15.05.2024]
  • 2 Oiso N et al. J Dermatol 2013; 40: 344-54
  • 3 University of Nottingham Centre of Evidence Based Dermatology; https://www.nottingham.ac.uk/research/groups/cebd/projects/2vitiligo/vitiligo-outcome-measures.aspx [letzter Aufruf 15.05.2024]

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