Vitiligo erklärt: Definition, Ursachen und Prävalenz

Vitiligo | Vitiligo-Wissen

Vitiligo ist mehr als nur eine „harmlose“ Hauterkrankung. Viele Betroffene leiden unter einer starken psychischen Belastung, was ihre Lebensqualität einschränkt. 1 Doch was genau verbirgt sich hinter Vitiligo und wie entsteht diese chronische Autoimmunerkrankung mit ihren charakteristischen weißen Hauterscheinungen?

10.05.2024

Vitiligo – Wie kann man die Erkrankung beschreiben?

Bei der Vitiligo, die auch als Weißfleckenkrankheit bekannt ist, handelt es sich um eine chronische Hauterkrankung, die zu den Autoimmunerkrankungen gehört. Wie der Name bereits vermuten lässt, bilden sich bei Betroffenen an verschiedenen Stellen ihres Körpers weiße, scharf abgegrenzte Flecken. Dabei handelt es sich um Pigmentstörungen. 1 Außer durch gelegentlichen Juckreiz äußert sich Vitiligo meist nicht durch weitere organische Symptome. Das heißt allerdings nicht, dass es sich nicht um eine schwerwiegende Erkrankung handelt. Betroffene leiden oft unter einer enormen psychischen Belastung und großen Einschränkungen ihrer Lebensqualität. 2

Was ist eine Autoimmunerkrankung?

Bei einer Autoimmunerkrankung kommt es zu einer Fehlsteuerung des Immunsystems. Normalerweise ist dieses mit all seinen Abwehrmechanismen dafür zuständig, körperfremde Stoffe oder Lebewesen abzuwehren. Das können zum Beispiel Krankheitserreger wie Bakterien, Viren oder Pilze sein. Bei den Autoimmunerkrankungen fängt das Immunsystem an, seine Abwehrmechanismen gegen körpereigene Strukturen wie Zellen oder Gewebe (z.B. bei Vitiligo gegen die Melanozyten) zu richten. Diese werden dann geschädigt oder sogar komplett zerstört und es kommt zu Funktionsverlusten der betroffenen Strukturen im Körper. Dadurch können ganze Organe und Organsysteme geschädigt werden und so ihre Funktionen nicht mehr erfüllen. Eine Autoimmunerkrankungen entsteht. Warum das Immunsystem gegen körpereigene Strukturen agiert, ist für die meisten dieser Erkrankungen noch nicht geklärt.

Was im Körper bei der Entstehung einer Pigmentstörungen passiert

Die Vitiligo typischen weißen Flecken entstehen durch eine Zerstörung von Melanozyten. 1 Das sind die Hautzellen, die für die Pigmentierung unseres größten Organs zuständig sind. Sie liegen in der Oberhaut und produzieren Melanin, das braune Hautpigment, welches letztendlich unseren Hauttyp bestimmt. Die Hautfarbe wird vor allem durch die Verteilung, Anzahl, Größe und Aktivität der Melanozyten sowie Art und Menge der Pigmentproduktion bestimmt. 3 Vereinfacht kann man sagen, je mehr Melanin in der Haut vorkommt, desto dunkler erscheint sie. Personen, die von Vitiligo betroffen sind, haben durch die Zerstörung ihrer Melanozyten weniger Melanin und es entstehen die charakteristischen pigmentfreien Flecken. Durch das Fehlen des Melanins sind die betroffenen Hautstellen auch lichtempfindlicher als normal pigmentierte Stellen. Da es sich um eine Autoimmunerkrankung handelt, greift das eigene Immunsystem diese Melanozyten an und zerstört sie. Warum Immunzellen die körpereigenen Hautzellen angreifen, ist noch nicht vollständig geklärt.

Ursachen der Vitiligo: Die Rolle von Genen und äußeren Einflüssen

Zwar sind die Ursachen der Vitiligo noch nicht vollständig geklärt, fest steht aber: Die genetische Veranlagung spielt bei der Entstehung der Pigmentstörung eine erhebliche Rolle. Etwa 20 % der Vitiligo-Betroffenen haben mindestens ein Familienmitglied, das auch unter der Erkrankung leidet. 2 Zusätzlich zu erblichen Faktoren gibt es verschiedene Triggerfaktoren, die die Entstehung der Hauterkrankung begünstigen oder deren Verlauf verschlechtern können. Dazu gehören unter anderem Stress, UV-Licht, Verletzungen der Haut (z.B. durch einen Sonnenbrand oder Chemikalien) und Entzündungen.4,5,6,7 Ein weiterer Trigger kann das sogenannte Köbner-Phänomen sein. Dabei handelt es sich um eine Ablösung bzw. einen Verlust von Melanozyten aus der Oberhaut durch mechanische, thermische oder chemische Reizungen der Haut. Mechanische Reizungen der Haut können auf unterschiedlichste Weise hervorgerufen werden, zum Beispiel durch Druck, Kratzen, Insektenstiche, Tätowierungen oder Reibung durch Kleidung. Thermische Reizungen sind zum Beispiel Sonnenbrand, Schwitzen oder Verbrennungen und chemische Reizungen können Verätzungen oder Allergien sein. 8

Vitiligo in Zahlen: Häufigkeit und Altersverteilung

Vitiligo ist eine häufige Erkrankung.1 Weltweit sind ungefähr 0,5-1 % aller Menschen betroffen, wobei Frauen und Männern ungefähr gleich häufig betroffen sind. In Deutschland leben ca. 650.000 Menschen mit Vitiligo. 9 Meist zeigen sich die ersten Symptome im Alter von 10 bis 30 Jahren, aber auch in jedem anderen Alter kann die Erkrankung erstmals auftreten. 1 Eine Erstmanifestation zeigt sich allerdings in 25 % der Fälle bereits vor dem 10. Lebensjahr. 2 In der Literatur findet man stark schwankende Angaben für die Häufigkeit der Vitiligo in unterschiedlichen Ländern. Deutlich über der Angabe für die weltweite Häufigkeit liegen zum Beispiel Indien mit 8,8 %, Mexiko mit 2,64 % und Japan mit 1,68 %. Das könnte unter anderem daran liegen, dass die Menschen in diesen Ländern bei Verdacht auf eine Vitiligo häufiger eine Ärztin oder einen Arzt aufsuchen. Gründe hierfür können der Hauttyp und die größere Rolle sozialer und kultureller Stigmatisierung in diesen Ländern sein.2

Kurz und knapp: Was ist Vitiligo?

  • Vitiligo ist eine chronische Hauterkrankung. Sie zählt zu den Autoimmunerkrankungen, wobei die sogenannten Melanozyten von Immunzellen angegriffen und zerstört werden.
  • Die organisch harmlosen Symptome ziehen eine große psychische Belastung für Betroffene nach sich.
  • Melanozyten sind für die Produktion des Pigments Melanin zuständig. Fehlt dies oder ist in geringerer Konzentration vorhanden, entstehen die charakteristischen weißen Hautflecken.
  • Genetische Vorbelastung in der Familie spielt eine große Rolle bei der Entstehung von Vitiligo.
  • Andere Auslöser können zum Beispiel psychischer Stress, UV-Licht, Verletzungen der Haut (z.B. durch einen Sonnenbrand oder Chemikalien) oder Entzündungen sein.
  • Weltweit sind ca. 0,5-1 % aller Menschen betroffen, wobei die ersten Symptome meist zwischen dem 10. und dem 30. Lebensjahr auftreten.

In deiner Haut steckt niemand geringeres als du selbst und das dein ganzes Leben lang. Umso wichtiger ist es, dass du dich darin so wohl wie möglich fühlst – trotz Vitiligo. Heute gibt es gute Möglichkeiten, dies zu erreichen. Sprich mit deiner Hautärztin bzw. deinem Hautarzt!

Quellen
  • 1 S1-Leitlinie: Diagnostik und Therapie der Vitiligo, AWMF-Registernummer: 013-093,2021 (Stand: 23.04.2021)
  • 2 Harpain L et. al. hautnah 2022; 21(2)
  • 3 Sateruns R et al Akt. Dermatol 2018;44:210-2015
  • 4 Papadopoulos L et al Clin Exp Dermatol 1998;23(6):243-248
  • 5 Bergqvist Dermatol Basel Switz 2020;236(6):571-592
  • 6 Picardo M et al Nat Rev Dis Primer 2015;1(1):1-16
  • 7 https://www.pharmazeutische-zeitung.de/harmlos-aber-sehr-belastend-128451/ [zuletzt abgerufen am 08.05.2024]
  • 8 Schweizerische Psoriasis und Vitiligo Gesellschaft, https://www.spvg.ch/de/psoriasis/psoriasis8/k%C3%B6bner-ph%C3%A4nomen [zuletzt abgerufen am 16.05.2024]
  • 9 Augustin M. Newsletter des Deutschen Vitiligo Bund. Verfügbar unter: https://vitiligo-bund.de/images/augustin_xx-art_vitiligo.pdf. [zuletzt abgerufen am 21.04.2023]

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